Aktive Verfahrensbeteiligung – von der Ausnahme zur Regel

Mo., 08.07.2013 - 12:46

Nehmen Kinder und Jugendliche aktiv an sie betreffenden Verfahren teil, erfahren sie dadurch eine Stärkung ihres Selbstwertgefühls. Es spielt dabei keine Rolle, ob die aktive Teilnahme in Form einer Anhörung geschieht oder ob sie von Kinderanwält*innen vertreten werden.

Die Psychologin Sabine Brunner hat diesen Zusammenhang im Beobachter-Interview "Kinderanwälte entlasten die Kinder" deutlich zum Ausdruck gebracht. Kinderanwaltschaft Schweiz unterstützt die Aussagen von Sabine Brunner vollumfänglich. Insbesondere teilen wir die Ansicht, dass Kinder und Jugendliche vermehrt Zugang zu Kinderanwält*innen erhalten und in den jeweiligen Verfahren angehört werden sollen.

Heute werden in der Schweiz nur gerade 10% aller Kinder und Jugendlichen in Verfahren angehört. Das ist eindeutig zu wenig. Alle Kinder und Jugendlichen, die von einer wichtigen Entscheidung in ihrem Leben betroffen sind, müssen in den Entscheidungsprozess miteinbezogen werden. Dies kann entweder direkt durch eine Anhörung oder durch die Einsetzung von Kinderanwält*innen geschehen.

Die Richtlinien des Europarates für eine kindgerechte Justiz (Child-friendly Justice 2010) und die UNO-Kinderrechtskonvention sehen vor, dass Kinder und Jugendliche eine persönliche und kostenlose Rechtsvertretung zugesprochen bekommen und ihre Meinung frei äussern können. Dies ist insbesondere bei Interessenkonflikten zwischen den Eltern unverzichtbar. Die Anhörung der Kinder und Jugendlichen in gerichtlichen und verwaltungsrechtlichen Verfahren muss zum Regelfall werden und darf nicht die Ausnahme bleiben. 

Katja Cavalleri Hug
Leiterin Kinderanwält*innen
Kinderanwaltschaft Schweiz