Derzeit gibt es in der Schweiz keine unabhängige offizielle Beschwerdestelle für Kinder, die von Verfahren und Massnahmen betroffen sind. Es bedarf deshalb dringend eines Ombudsoffices speziell für Kinder und Jugendliche.
Dies sind die 5 wichtigsten Gründe dafür:
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Bei wichtigen Entscheidungen, die das Leben von Kindern und Jugendlichen betreffen, bietet das Ombudsoffice eine unabhänige Anlaufstelle an. Eine solche offizielle Institution gibt es derzeit nicht in der Schweiz.
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Ein Ombudsoffice sorgt dafür, dass Kinder und Jugendliche in allen sie betreffenden Verfahren niedrigschwelligen Zugang zu Informationen, Beschwerdeverfahren sowie unentgeltlicher Rechtsvertretung haben. Das Erleben der Eigenverantwortung und der Selbstwirksamkeit stärkt die Kinder und jungen Erwachsenen in ihrer Resilienz (Widerstandsfähigkeit).
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Für die KESB (Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde) bietet ein Ombudsoffice zusätzlich die Sicherstellung des Qualitätsmanagements, fördert das Vertrauen und führt ebenso zu ihrer Entlastung. Verläuft ein Verfahren gemäss den Standards der Leitlinien einer kindgerechten Justiz, benötigt es keinen Anruf durch ein Kind und somit auch keine Handlungen durch das Ombudsoffice. Die Anhörung eines Kindes, die Begleitung durch eine Rechtsvertretung sowie Partizipation führen zu einer höheren Kooperationsbereitschaft und zu nachhaltigeren Lösungen. Kommt es hingegen zu Fehlern, kann sich das Kind beim Ombudsoffice melden und die nötigen Schritte veranlassen. In der Folge sind die Entscheide breiter abgestützt.
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Ein unabhängiges Ombudsoffice dient dem Grundprinzip der Rechtsstaatlichkeit sowie der Sicherstellung der Kinderrechte in der Schweiz. Kinder sollen das Recht auf Zugang zu angemessenen und wirksamen Beschwerdemechanismen haben. Das ordnungsgemässe Verfahren garantiert Kindern: Grundsätze der Gesetzmässigkeit und Verhältnismässigkeit, Recht auf ein faires Verfahren, Rechtsberatung, Zugang zu den Gerichten, Recht auf Rechtsvertretung. Diese Garantien gelten für alle gerichtlichen, aussergerichtlichen und verwaltungsrechtlichen Verfahren.
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Unser Programm “Child-friendly Justice 2020” sieht vor, dass bis zum Jahr 2020 die Leitlinien des Europarates für eine kindgerechte Justiz in der Schweiz einheitlich angewendet werden. Nebst der UN-Kinderrechtskonvention sind die Leitlinien des Europarates aus dem Jahr 2010 das wichtigste Instrument für eine kindgerechte Justiz. Eine Delegation der Schweizer Regierung wurde in Genf vom UN-Kinderrechtsausschuss zur Situation der Kinderrechte in der Schweiz befragt. Im anschliessenden Bericht hat der Kinderrechtsausschuss die Schaffung eines Ombudsoffices klar empfohlen.
Kinderanwaltschaft Schweiz füllt seit 2008 die Lücke eines fehlenden Ombudsoffices für alle Rechtsgebiete und nimmt Anrufe von Kindern und Jugendlichen entgegen. Allein im Jahr 2014 konnten wir so 376 Kindern weiterhelfen. Durch die langjährige Erfahrung verfügt Kinderanwaltschaft Schweiz über einen grossen Erfahrungsschatz und eine hohe Kompetenz im Umgang mit Kindern und Jugendlichen – diese Erfahrung können wir beim Aufbau eines offiziellen Ombudsoffices zur Verfügung stellen. Bis ein solches in der Schweiz Realität sein wird, führen wir unsere Beschwerdeanlaufstelle für Kinder und Jugendliche weiter.
Herzliche Grüsse
Kinderanwaltschaft Schweiz